Albstadt/Sigmaringen. Jedes Jahr landen weltweit 23 Millionen Kleidungsstücke gar nicht erst im Handel, weil sie die Qualitätskontrolle beispielsweise wegen einer fehlerhaften Naht nicht überstehen. Dieser enormen Ressourcenverschwendung wollen zwei Studierende der Hochschule Albstadt-Sigmaringen nun mit einer Idee entgegentreten, für die sie bei einem Pitch der KI-Garage in Heidelberg mit dem dritten Platz ausgezeichnet wurden. 

Kann Künstliche Intelligenz (KI) dabei helfen, die massenhafte Überproduktion in der Textilindustrie zu verringern? Diese Frage beantworten Janine Weigele und Marie Weedermann mit einem klaren Ja. Sie studieren den Masterstudiengang Textil- und Bekleidungsmanagement und haben sich mit weiteren Kommilitoninnen bereits im vergangenen Sommersemester für eine Projektarbeit die Erkennung der Nahtqualität bei einer laufenden Nähmaschine vorgenommen und dafür die KI trainiert. „Eine Kamera überwacht die Stichbildung in Echtzeit“, sagt Marie Weedermann. So könnten Fehler bereits während des Nähens erkannt und behoben werden, was am Ende nicht nur Stoff einspare, sondern auch eine Menge Geld: „Die Kosten für die Qualitätsprüfung in Textilunternehmen sind enorm.“ Inzwischen sei FAIBRICS in der Lage, 98 Prozent aller Nahtfehler zu erkennen und sofort zu melden.

Bei der Präsentation der Projektergebnisse wurde Michael Feygelman, Projektmanager der KI-Garage, auf die Studierenden aufmerksam. Er schlug ihnen vor, sich für das sogenannte Accelerator-Programm der KI-Garage zu bewerben, das Geschäftsideen aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz fördert. „Die Idee, dass wir uns damit tatsächlich selbstständig machen könnten, ist dadurch erst entstanden“, sagen Janine Weigele und Marie Weedermann. Sie holten sich den befreundeten Wirtschaftsinformatiker Sven Kruschel ins Boot und arbeiteten weiter an FAIBRICS – unterstützt von Prof. Matthias Kimmerle von der Engineering-Fakultät, der bei der Umsetzung half und den Studierenden Zugang zu allen erforderlichen Laboren und Geräten der Hochschule verschaffte, und Prof. Dr. Derk Rembold von der Informatik-Fakultät, der ihnen die erforderliche Software schrieb. Deren Fortentwicklung und Realisation liegt jetzt bei Sven Kruschel.

Parallel intensivierte Andreas ter Woort, Innovationsmanager der Hochschule, die Kontakte zur KI-Garage, und Laura Koch vom LAKE-CUP-Team zur Gründungsförderung übernahm in diesem Zuge als eine von zwei Mentoren das Coaching.  „Hier ging es um Themen wie Geschäftsmodell, Verträge oder Prototypen“, berichtet sie. Am Ende brachte das Zusammenspiel der fakultätsübergreifenden Kooperation den Erfolg und den dritten Platz beim finalen Pitch der KI-Garage in Heidelberg.

Das FAIBRICS-Team arbeitet nun intensiv weiter an seiner Erfindung und ist für die Gründung des Start-ups auf der Suche nach Investoren. „Wir freuen uns aber auch über jede andere Form der Unterstützung durch Unternehmen in der Textilindustrie“, sagen Janine Weigele und Marie Weedermann. Pilotkunden haben sie bereits, „und die ersten Pilotprojekte starten“.

Matthias Kimmerle und Derk Rembold sind überzeugt vom Potenzial, das FAIBRICS hat. „Ich habe Kontakt zu sämtlichen Nähmaschinenherstellern“, sagt Matthias Kimmerle. „Was hier entsteht, ist total innovativ.“ Nähmaschinen würden ohnehin digital, „und die frühe Aussonderung fehlerhafter Stücke spart enorm Kosten und Ressourcen. Der Bedarf nach einer Erfindung wie FAIBRICS ist auf jeden Fall gegeben“.

Weiterführende Informationen: Die KI-Garage fördert auf Initiative der Baden-Württemberg-Stiftung in Kooperation mit Hochschulen in ganz Baden-Württemberg kreative Gründungsvorhaben auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz.

Über das Projekt LAKE-CUP erhalten Studierende an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen Zugang zu Gründungsberatung sowie Workshops und Veranstaltungen zum Thema Unternehmertum.